Plötzlich hat man Wadenschmerzen beim Gehen – und denkt sich wenig dabei. Aber spätestens jetzt sollte man schnellstens zum Arzt – es droht ein Raucherbein bzw. die Schaufensterkrankheit!
Heute weiß man, dass ausreichende Bewegung zu den wichtigsten Vorbeugemaßnahmen für so gut wie alle Erkrankungen des Menschen gehört. Wenn einen jedoch jeder Schritt Höllenqualen bereitet und man nur im Ruhezustand schmerzfrei ist, dann tendiert der Mensch dazu, sich so wenig wie nur möglich in Bewegung zu setzen. Wird wohl eine Verstauchung sein oder ein Muskelkater, denkt man, macht es sich gemütlich, legt die Beine hoch und wartet erst mal ab. Und genau das sollte man nicht tun, sagt Univ.-Prof. Dr. Andrea Willfort-Ehringer, Fachärztin für innere Medizin und Angiologie am AKH in Wien: „Denn es könnte sich um eine Durchblutungsstörung handeln, die deutlich häufiger an den unteren als an den oberen Extremitäten auftritt. Oft ist die Erkrankung auch mit dem Befall der Herzkranzgefäße und der hirnversorgenden Arterien kombiniert. Sie entwickelt sich langsam, schleichend und unbemerkt über Jahrzehnte. Beim Auftreten von ersten Symptomen, wie Wadenschmerzen beim Gehen, kann sie bereits weit fortgeschritten sein. Spätestens zu diesem Zeitpunkt empfehle ich“, so die Gefäßspezialistin weiter, „sofort einen Spezialisten für eine Gefäßuntersuchung aufzusuchen.“ Denn: „Mit entsprechenden Medikamenten, Behandlung der Risikofaktoren und Änderung des Lebensstils kann die Erkrankung in einem frühen Stadium stabilisiert und am Fortschreiten gehemmt werden. Je nach Schweregrad der Symptome kann beziehungsweise muss eventuell ein Eingriff zur Gefäßerweiterung
durchgeführt werden.“
Verengte Arterien.
Die Ursache dieser Erkrankung sind verengte Arterien in den Beingefäßen (Arteriosklerose), die typischen Symptome sind sehr starke Schmerzen in den Beinen, die sich am Beginn der Erkrankung bei körperlicher Anstrengung äußern und im Ruhezustand aufhören. Arteriosklerose (auch Arterienverhärtung oder Arterienverkalkung) ist eine Systemerkrankung der Schlagadern, die entsteht, wenn Blutfett, Thromben, Bindegewebe oder Kalk in den Gefäßwänden eingelagert werden und sich Engstellen oder Verschlüsse der Arterien bilden. So kommt es zu Durchblutungsstörungen, die Sauerstoffmangel in der Muskulatur zur Folge haben. Da die Muskulatur im Ruhezustand weniger Sauerstoff benötigt, klingen die Schmerzen im ersten Stadium der Krankheit ab, sobald man sich nicht mehr bewegt. Daher kommt auch der Begriff Schaufensterkrankheit, der entstand, weil Betroffene oft stehen bleiben und so tun, als würden sie einen Schaufensterbummel machen. Umgangssprachlich sagt man auch Raucherbein, was irreführend ist, erklärt die Expertin, „weil das Rauchen zwar der bedeutendste Risikofaktor für diese Erkrankung ist und es sich bei diesen Patienten zum großen Teil (aber nicht ausschließlich) um Raucher handelt.“
Risiko-Faktoren.
Neben dem Rauchen begünstigen zu hohe Blutfettwerte, kalorien- und fettreiche Ernährung, Bewegungsmangel, Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes mellitus sowie genetische Defekte das Risiko für eine Gefäßverengung. Zwar ist die periphere arterielle Verschlusskrankheit eine Erkrankung des Alters – 10 Prozent aller Menschen über 65 Jahren leiden daran –, es können aber auch jüngere Menschen betroffen sein. Männer erkranken im Schnitt um 10 Jahre früher als Frauen, da Frauen bis zur Menopause einen gewissen hormonellen Schutz haben, sodass der pathologische Prozess in der Arterienwand verzögert beginnt. „Somit empfehle ich, bei Vorhandensein eines starken oder mehrerer kombinierter Risikofaktoren, auch ohne entsprechende Symptome, eine erste basale Gefäßuntersuchung. Damit können frühe Veränderungen entdeckt und deren Fortschreiten verhindert werden“, sagt Willfort-Ehringer. Nachsatz: „Diese Empfehlung gilt besonders für Patienten mit Diabetes, die erste Symptome wie belastungsinduzierte Beinschmerzen aufgrund der vorbestehenden Nervenschäden nicht wahrnehmen können. Diabetiker finden oft erst im weit fortgeschrittenen Stadium mit Ulcera (Geschwüren) oder Gangrän (feuchter Brand genannt) an den Zehen oder am Fuß den Weg zum Spezialisten. Geschätzten 6.000 Menschen jährlich muss aufgrund der weit fortgeschrittenen Erkrankung das Bein amputiert werden.“
Karin Tomka, Gesünder Leben 09/2016